Die Lehrlinie von Furuichi Norio Sensei


Nakayama Hakudō (中山 博道) ist eine bedeutende Figur in der Welt der modernen japanischen Schwertkunst (Battōdō/Iaido) und ein wichtiges Bindeglied zwischen den Koryū (alten Schulen) der Samurai-Ära und den modernen Kampfkünsten von heute. Er wird oft als „Letzter Kensei“ (Letzter Schwertheiliger) bezeichnet, ein Titel, der den immensen Respekt widerspiegelt, den er genoss. Hier geht es um das Vermächtnis von Nakayama Hakudo bis hin zu dem Lehrer, dem ich folge: Furuichi Norio Sensei.
Beleuchten wir zunächst Nakayama Hakudo:
1. Biographie:
Das Leben von Nakayama Hakudō

 

• Vollständiger Name: Nakayama Hiromichi (die Schreibweise „Hakudō“ ist gebräuchlicher).

 

• Lebensspanne: 3. Februar 1872 – 14. Dezember 1958

 

• Epoche: Geboren in der Meiji-Ära, erlebte er die Taisho- und die frühe Showa-Ära – eine Zeit der rasanten Modernisierung, in der der praktische Bedarf für das Schwert schwand und es sich zu einer kulturellen und spirituellen Disziplin wandelte.

 

Wichtige Lebensereignisse:

 

• Frühes Training: Er begann seine Kampfkunstlaufbahn in seiner Jugend in Tokio und trainierte zunächst Jujutsu (Kitō-ryū) und Kenjutsu (Shindō Munen-ryū) unter dem berühmten Schwertkämpfer Negishi Shingorō.

 

• Das Erbe der Musō Jikiden Eishin-ryū: Seinen größten Einfluss im Iaido erlangte er durch sein Studium der Musō Jikiden Eishin-ryū (無雙直傳英信流) unter dem Schulmeister der 17. Generation, Hosokawa Yoshimasa. Nakayama wurde später der 16. Sōke (Schulmeister) dieser Linie, eine Position mit enormer Verantwortung.

 

• Die Gründung seines eigenen Stils: Obwohl er tief in der Eishin-ryū verwurzelt war, versuchte Nakayama, ein System zu schaffen, das die spirituellen und disziplinarischen Aspekte des Schwertziehens betonte und es für die moderne Praxis zugänglich machte. Er gründete Musō Shinden-ryū (夢想神傳流), was so viel bedeutet wie „Der im Traum göttlich übermittelte Stil.“ Dieser Stil wurde zu einer der am weitesten verbreiteten Iaido-Schulen der Welt.

 

Der Dai-Nippon Butoku Kai: Er war ein hochrangiges Mitglied und eine Schlüsselfigur des Dai-Nippon Butoku Kai (Großjapanische Gesellschaft für Kampfkünste), der offiziellen staatlichen Kampfkunstorganisation vor dem Zweiten Weltkrieg. Er war maßgeblich an der Entwicklung und Standardisierung von Seitei Iai (heute bekannt als Zen Nihon Kendo Renmei Iai) beteiligt, der Formensammlung, die für Graduierungen und Wettkämpfe innerhalb der All Japan Kendo Federation verwendet wurde.

 

Lehrerbe: Er unterrichtete in seinem Dojo, dem Shūdōkan, und sein Einfluss war enorm. Zu seinen Schülern zählen viele der berühmtesten Meister des 20. Jahrhunderts, die seine Lehren weltweit verbreiteten.

 

 

 

2. Seine Beiträge und sein Vermächtnis

 

Nakayama Hakudōs Einfluss kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er war ein wahrer Meister  und hielt die höchsten Ränge in drei Disziplinen:

 

1. Kendō: 10. Dan Kyōshi (der höchste Rang, der ihm zu Lebzeiten verliehen wurde)

 

2. Iaidō: 10. Dan Hanshi

 

3. Jūdō: 8. Dan (Er war ein direkter Schüler von Jigoro Kano, dem Begründer des Judo)

 

Sein wichtigstes Vermächtnis liegt aber im Iaido:

 

• Systematisierung des Musō Shinden-ryū: Er gliederte den Lehrplan in drei klare Stufen:

 

o Shoden (Omori-ryū): Sitzende Formen für Anfänger.

 

o Chūden (Hasegawa Eishin-ryū): Sitzende und stehende Formen für Fortgeschrittene.

 

o Okuden: Fortgeschrittene, geheime Lehren mit komplexen und esoterischen Formen (sitzend und Tachiwaza).

 

• Betonung auf Shin-Gi-Tai (心・技・体): Geist, Technik und Körper. Er lehrte, dass wahre Meisterschaft nicht nur in der körperlichen Technik, sondern in der Kultivierung eines ruhigen, reinen und rechtschaffenen Geistes liege. Er sprach oft von Zanshin (verbleibendem Geist) und Mushin (Nicht-Geist).

 

• Eine Brücke zur Moderne: Indem er bei der Schaffung der Zen Ken Ren Iai-Formen half und an Universitäten und im Butokukai lehrte, sicherte er das Überleben und die Verbreitung des Iaido in einer Welt ohne Samurai.

 

 

 

3. Philosophie und bemerkenswerte Zitate

 

Nakayama Hakudō war sowohl für seine philosophische Tiefe als auch für sein technisches Können bekannt.

 

• Zum Ziel des Trainings: „Das ultimative Ziel von Iai ist es, die Seele zu kultivieren, um jeder Situation mit reinem und unerschütterlichem Herzen begegnen zu können.“

 

• Zum Schwert und Frieden: Er betonte, dass der höchste Zweck der Schwertbeherrschung darin bestehe, einen Geisteszustand zu erreichen, in dem man „den Einsatz des gezogenen Schwertes verhindern“ könne. Ziel sei es, eine ruhige Autorität zu fördern, die Konflikte vermeidet.

 

• Zur Wiederholung: „Versuche nicht, viele Techniken schnell zu erlernen. Durchdringe eine Technik gründlich, und du wirst den Rest verstehen.“

 

Nakayama Hakudōs Leben und Werk sorgten dafür, dass die Kunst des japanischen Schwertes als lebendige Disziplin für die spirituelle und persönliche Entwicklung überlebte, und machten ihn zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten der Kampfkünste des 20. Jahrhunderts.