Bo-Hi - die mystische Rille

(c) Copyright T. Buntrock
(c) Copyright T. Buntrock

Bo-Hi, die mystische Rille

 

Ein Bo-Hi (auch bekannt als „Blutrinne“) ist einfach eine Hohlkehle, die buchstäblich in die Klinge eines japanischen Schwertes gefräst, gefeilt oder geschmiedet ist. Der Sinn ist vordergründig, die Klinge leichter zu machen. Leichter im Sinne der Balance. Wenn man die „T - oder I - Träger“ der Bauindustrie zurate zieht, die aufgrund ihrer Form genau so stabil sind, kann man auch nachvollziehen, dass eine höhere Stabilität erreicht werden soll. Stabilität, Verwindungssteifigkeit, Gewicht und Führigkeit stehen hier im Gegensatz zueinander.

Gewichtsreduktion bei Erhaltung der strukturellen Integrität ist ein Kunstgriff. Nicht wenige der „echten“ Schwerter (shinken) haben gar keine Bo-Hi. Beide Arten haben ihre Berechtigung.

Nimmt man echte Schlachtfeldszenarien zu Hilfe, offenbart sich das Bedürfnis. Eine stabile, dicke Klinge ist immer schwer. Doch nicht jeder kann oder will ein solches Schwert führen. Denn das Schwert an sich ist eine Wuchtwaffe, die aufgrund ihres Eigengewichtes schon in der Lage ist, schwere Verletzungen zu erzeugen. Man muss sich jedoch sicher sein, dass einem nicht nach kurzer Zeit „die Luft ausgeht“, bzw. der Arm schlaff, wenn man auf Dauer eine schwere Waffe führt. Heutzutage ist es in einem Taikai (Wettkampf) sicherlich nicht von Vorteil, wenn die Waffe in der Hand schwerer und schwerer wird. Das abnehmende Gewicht des Schwertes geht selbstverständlich zu Lasten der „Durchschlagskraft“. Dies kann in Friedenszeiten getrost vernachlässigt werden. Andererseits kann das Üben mit einem schwereren Schwert durchaus das Führen eines leichteren eleganter und schneller machen.

 

Die Bo-Hi gibt es in verschiedensten Ausführungen. Der Hauptzweck ist die Verlagerung des Schwerpunktes (Balance) in Richtung des Griffes (tsuka), was die Führigkeit verbessert (Kopflastigkeit geht zurück).  Ein Bei-Effekt (ich kann mir nicht vorstellen, dass das Absicht war!) der Bo-Hi ist der Sound ("Tachi-Kaze" (Schwertwindklang). Durch Luftverwirbelungen ist im Schnitt, so der richtige Winkel getroffen ist, ein zischendes Geräusch zu hören. Anfängern bis zur Mittelstufe hilft das als akustisches Feedback, dass der Schnittwinkel korrekt ist, denn sonst bliebe die Klinge stumm.

 

Kommen wir zum Mythos der „Blutrinne“. Manche glauben, dass der Hauptzweck eines Bo-Hi darin besteht, Blut durch die Rille abfließen zu lassen, um zu verhindern, dass ein Sog dazu führt, dass die Klinge beim Stoßen auf den Körper im Inneren eines Gegners stecken bleibt. Das ist, mit Verlaub: Bullshit. Ein Mythos. Es klingt vielleicht cool, aber es ist genau das: Ein Mythos. Der einzige Zweck besteht darin, das Gleichgewicht der Klinge zu erleichtern und zu verschieben und ein hörbares Feedback zu erzeugen.

Folgende Bo-Hi sind bekannt: 
1.     Bō-Hi, 棒樋, eine einzige, lange Kehle. Sie beginnt etwa beim Kissaki, endet entweder vor oder hinter dem habaki.
2.     Soe-bi, 添樋, wie Bō-Hi, zusätzlich zur breiten eine parallele, schmalere Kehle
3.     Futasuji-Bi, 二筋樋, zwei parallele, gleichbreite Kehlen
4.     Naginata-Hi, 薙刀樋, eine kleine Kehle mit rundem Beginn; manchmal sieht man zusätzlich eine Soe-bi auf Naginata, Wakizashi 
oder Tanto.
5.     Kaki-tōshi hi, 掻き通し(, ganz durchgehende Kehle, endet auf der Nakago
6.     Kaki-nagashi hi, 掻き流し(, rund beginnende Kehle, endet etwa auf halber Klinge
7.     Kaku dome, 角留, (quadratischer Stop), ender ca. 3 cm vor der Machi (Beginn der Nakago)
8.     Maru dome, 丸留,(runder Stop), endet ebenfalls 3 cm vor der Machi, hat aber ein abgerundetes Ende
9.     Kuichigai bi, 喰違樋, zwei schmale Kehlen verlaufen über die Hälfte der Klinge. Die obere (nahe der Mune) endet, während die 
kürzere weiterläuft