Sensei und die Bedeutung
(eine persönliche Betrachtung, SEHR frei interpretiert
nach einem Text von Andy Watson, kyoshi, Nanadan)

 

Ich habe mir in meinem Budō-Leben viele Gedanken über das Wort „Sensei“ gemacht. Und festgestellt, dass es ebenso viele Gedanken dazu gibt, wie Menschen mit einem Bezug dazu. Jedoch zunächst die wortwörtliche Bedeutung. „Sensei“ besteht aus zwei Silben.

 

= sen; saki, ma~zu: voraus, vorher, zukünftig, Vorrang, früher

= sei, shou; iki~ru, ika~su (und noch viele andere Lesarten): Geburt, echt, Leben

 

Allein hier bieten sich viele eigene Interpretation. „Jemand, der vorangeht“, „der Vorausgeborene“ und so weiter. Ich hörte auch einmal, dass man „Sensei“ als Phrase nutzt für jemanden, der mehr weiß oder kann als ich selbst. Ich hadere mit der Interpretation, weil zum Beispiel jeder Briefträger (in Bezug zum Briefe zustellen) mehr kann als ich. Oder ein Straßenreiniger, eine OP-Schwester, eine Sekretärin. Würde ich alle diese Personen mit Sensei anreden? Sicherlich nicht. Den Lehrer einer Kampfkunstschule? Auf jeden Fall! Den Ausbilder bei der Bundeswehr? Ganz bestimmt. Schullehrer, Ausbildungsleiter, Kindergärtner…. Kurzum alle, die eine „lehrende“ Tätigkeit ausführen.

Anzumerken ist hier, dass Japaner selbst sich niemals selbst mit dieser Ehrenbezeichnung darstellen, bzw. „anreden“. Niemals wird jemand 
einen Brief unterschreiben mit „Furuichi Sensei“ oder so, auch wenn es ihm zustünde. Diese Personen würden auch niemals auf
Internetseiten, sozialen Medien oder Visitenkarten diesen Ausdruck auf sich selbst beziehend darstellen, das gebietet die natürliche
Bescheidenheit. Es ist jedoch nicht falsch zu sagen, dass Sie beispielsweise ein Deutschlehrer sind, indem Sie „Doitsu no sensei desu“ sagen.
Hier wird lediglich ausgesagt, dass man Deutschlehrer ist, anstatt sich selbst auf ein Podest zu stellen.
„Iaidō no Sensei desu“ geht mir persönlich da (für meinen Ausbildungsstand) schon zu weit. Torēnā (Trainer) oder chifū (Chief) sind für 
meine Graduierung akzeptabel. Da sind wir wieder bei der Bescheidenheit. Ich kenne ein paar „Sensei“ und niemand weist auf sich selbst
hin. Im Gegenteil, sie bestehen immer darauf, ihr Leben lang Schüler der Kampfkunst zu sein. Aber es gibt noch andere Aspekte. Hierzu
eine erweiterte Darstellung artverwandter Begriffe.
師匠 = shishou, hat eine wörtlichere Bedeutung für „Lehrer“ und kommt dem Konzept des eigenen Meisters nahe. Wenn ein Schüler sein 
Leben vollständig einem Meister im Sinne der traditionellen Kampfkünste überlassen hat, ist Shishou eine häufiger verwendete
Bezeichnung als nur Sensei, obwohl Letzteres als Ehrung für eine solche Person durchaus akzeptabel ist.
指導員 = Shidouin, bedeutet auch Lehrer, Führer oder Berater. Dieses Wort beschreibt eher technisch jemanden, der den Akt des Lehrens 
ausführt (shidou suru = lehren).
館長 = Kanchou, was den Leiter eines Ortes, einen Direktor (wörtlich „Hallenchef“) bedeutet. Dieses Wort wird häufig in Bezug auf die 
Person verwendet, die die Schule besitzt und leitet, sowie auf die Person, die möglicherweise der Schulleiter einer Gruppe von Lehrern ist,
die dort unterrichten. Aber das nur zur Erläuterung, dass „Sensei“ nicht der Einzige Begriff für Lehrer ist. Kommen wir zur spezifischen
Bedeutung für die Kampfkunst. Ich beziehe mich kurz auf mich selbst. Mein „Bud
ō“- Leben begann, als ich 8 Jahre alt war. Seltsam
aussehende Menschen in weißen Pyjamas warfen sich gegenseitig weg und das erregte meine Aufmerksamkeit. Es begann mit Jud
ō.
Dann kam Kyokushinkai Karate dazu, später Aikid
ō, Shitō ryu Karate dō, Tai Chi und Iaidō. In fast allen diesen Kampfkünsten traf ich
Menschen, die niemals von sich selbst behaupten würden, sie wären „Sensei“. Aber sie waren und sind es. Sie brannten für ihre
Kampfkunst, lebten diese, waren ruhig, fair, bescheiden und wurden so auf natürliche Weise respektiert. Das waren und sind Menschen,
zu denen ich auch mit 64 aufschauen kann, selbst wenn sie jünger sind als ich.
Als ich im Lingener Judō - Dōjō begann, gab es zwei
herausragende Lehrer, Bauszus Sensei und Lewicki Sensei, die ich grundsätzlich Sensei nannte, auch wenn sie es nicht hören wollten.
Der Begriff „Sensei“ sollte nicht Zeichen meiner Unterwürfigkeit sein, sondern einfach Ausdruck meines Respektes und meiner
Dankbarkeit. Erst viele Jahre später habe ich das Wort „Sempai“ gehört, was den Meisterschüler des D
ōjō betrifft, der die Lehrtätigkeit im
Sinne des Sensei wahrnimmt in dessen Abwesenheit. Der „Sempai“ führt dann auch durch das Reih
ō. Ob das tief im Sinne japanischer
Tradition ist, weiß ich allerdings nicht. Mir stellte sich auch die Frage, ob der Begriff „Sensei“ abhängig ist von einer Graduierung. Ich
möchte es so ausdrücken: Ich kenne mehrere Menschen, die ein D
ōjō führen ohne irgendeine Graduierung zu haben. Theoretisch hätten
sie als „D
ōjōleiter“ diese Ehrenbezeichnung eventuell durchaus verdient. Das krasse Gegenteil sind Menschen, die gerade einmal den
2. Dan erreicht haben und darauf bestehen, als Höchstgraduierter des Dōjō „Sensei“ genannt zu werden. Ich selbst habe immer gedacht,
dass Hochgraduierte (wie z.B. in meiner Linie: Furuichi Sensei, Molina Sensei) „meine“ Sensei“ sind, eben weil sie weit oben an der Spitze
stehen. Nach einem Interview mit Peter Röder Sensei allerdings wurde mir dieser Zahn gezogen. Ich fragte ihn, ob er Schüler von Ishido
Sensei wäre. Peter antwortete: Nein. Was für ein Schock! Natürlich steht Peter in der „Linie“ von Ishido Sensei (also eher JEIN), aber „sein“
Sensei ist Rene van Amersfoort! Das bedeutet in der Tat, dass ich nicht wirklich Schüler von Furuichi Sensei bin. Ich folge zwar auf Gedeih
und Verderb seiner Lehre, aber mein „Sensei“ ist jemand anderes. Bis zu dem Zeitpunkt, wo mich Furuichi Sensei als direkten Schüler
annimmt. Und das kann dauern, denn das ist an Rahmenbedingungen wie Graduierung, bzw. Reife oder Würdigkeit gebunden. Ferner
sagte es mir, dass ich im Karate aktuell zwar dem Stil von Carlos Molina Sensei folge, aber mein erster Karate Stil war Kyokushinkai. Das
bedeutet: Mein erster Sensei war und ist (im Karate) Oyama Sosai. Das blieb auch so, nachdem Sosai Oyama 1994 verstarb; ich folge
dennoch Molina Sensei seit 2017. Die Diskrepanz ist, dass ich Molina Sensei als „Sensei“ annehme, weil Kyokushinkai und Shitō ryu zwei
verschiedene Stile sind. Aufgrund des enormen Einflusses von Sagawa Sensei in den frühen deutschen Iaidō – Jahren gibt es zahlreiche
Iaidō – Dōjō, die „Hakushinkai“ heißen. Nach dem bedauerlichen Ableben dieses großen Mannes trat zunächst Soejima Sensei und
anschließend Furuichi Sensei in die deutsche Iaidō-Szene. Sein Hombu – Dōjō ist das Shōshinkan Dōjō in Kanagawa, seine Schulen nennen
sich „Shōshikai“. Nicht wenige der deutschen Iaidō – Schulen wollten sich dann umbenennen, doch das wurde von Furuichi Sensei nicht
gutgeheißen, weil man eben „seinen“ Sensei nicht wechselt wie ein altes Hemd. Aus Respekt vor den Leistungen des verstorbenen Sensei
bleibt also der Name Hakushinkai (z.B.) in Ehren erhalten, wenngleich die Schüler auch fortan einem „neuen“ Sensei, bzw. seiner Lehre
folgen.
Nun ist es im Rest der Welt weder ein Drama noch erwähnenswert, wenn ein Mitglied eines Sportvereines das Lager wechselt. Oft genug, 
wie im Fußball zum Beispiel, geht das einher mit Millionensummen und da wird dann ein „Einkauf“ von neuen Spielern sogar noch
beklatscht. Diese Art des kommerziellen Umganges hat mit den asiatischen Kampfkünsten nichts gemein. In der Regel ist es so, dass wenn
ein sempai soweit ist, er im Namen des Heimat-Dōjō von seinem Sensei aufgefordert wird, die Linie weiterzuführen und ein eigenes Dōjō
im Sinne der Tradition zu gründen. Leider klappt das nicht immer.
ZITAT Andy Watson: Ich möchte auf etwas verweisen, das Ishido Shizufumi Sensei auf einem Seminar erklärt hat, als Grundlage dafür, wie 
wir anfangen könnten, über das „Sensei“-Konzept nachzudenken. Er erklärte, dass in Japan die Person, von der man zuerst zu lernen be-
gann (d. h. der Dojo-Leiter des Dojos, in dem man angefangen hat), Ihr Sensei war ... fürs Leben. Nur aus logistischen Gründen, d. h., wenn
man in eine andere Region zieht, die so weit von seinem Sensei entfernt ist, dass eine regelmäßige Rückkehr zum Dojo unplausibel wäre,
wäre man in der Lage, den Sensei zu wechseln, und dann nur durch eine Vereinbarung, die sowohl für den amtierenden als auch für den
zukünftigen Lehrer geeignet ist. Anschließend erklärte er, dass nur die Tatsache, dass jemand an einem oder allen seiner europäischen
Seminare teilgenommen und sogar in seinem Dojo trainiert hatte, ihn nicht zum Sensei dieser Person machte (damit meinte er eher einen
persönlichen und einzigartigen Sensei als nur die ehrenvolle Referenz). Er stellte klar, dass er tatsächlich nur sechs europäische Schüler
hatte, seine sechs Monjin (wörtlich: Schüler, in der Reihenfolge der Dan-Klasse, aus keinem anderen Grund als der festgelegten Reihenfolge):
Jock Hopson, Victor Cook, Chris Mansfield (mein Lehrer), Len Bean , Loi Ah Lee und Louis Vitalis (Ich habe Louis vielleicht in der Reihen-
folge falsch platziert, aber ich kann mich nicht erinnern, wann er den 7. Dan bekommen hat, tut mir leid, Louis!). Er definierte auch eine
Reihe von Personen, denen er bei der Ausbildung beratend zur Seite stand, seine Daihyo (oder Vertreter). Alle anderen waren entweder
Schüler dieser Leute oder Leute, die freiwillig zu seinen Seminaren kommen konnten, eine andere Kategorie gab es nicht... ZITAT ENDE.
Ich bemerke eine zunehmende Verwirrtheit, was den Begriff „Sensei“ angeht. Ich kann nicht einfach hingehen und sagen: „Du bist mein 
Sensei, ich war schon auf 6 deiner Seminare.“ Das kommt, glaube ich, nicht so gut an. Die Kehrseite der Medaille sind Menschen, die
WOLLEN Sensei sein. Und fordern das massiv ein. Sie brauchen Bewunderung, Anerkennung, sie wollen (manche durchaus „nur“
weibliche) Studenten, sie wollen Respekt und sehen sich auf einem Sockel, höher als andere. Ich denke, um solche Menschen sollte man
einen großen Bogen machen. Unabhängig davon, dass ich hochmütige, arrogante und machthungrige Menschen nicht mag, denke ich, dass
die „Bud
ō“-Lehre und damit verbundene mentale Einstellung in falsche Bahnen gelenkt wird. Und natürlich, weil solche Menschen sich
ihrer Verantwortung und Aufgabe nicht bewusst sind.
Spricht mich zum Beispiel jemand mit Sensei, Shisho oder Kancho an, fühle ich mich sofort unwohl. Natürlich leite ich irgendwie das 
Training, aber solange mich alle mit „Tombo“ ansprechen, ist alles okay. Natürlich fühle ich eine Verantwortlichkeit. Besonders, wenn
mein(e) Sensei nicht vor Ort sind und ich stellvertretend tätig bin. Ich bin verantwortlich für die Einhaltung der Etikette, der Sauberkeit,
dass das Dōjō pünktlich geöffnet und geschlossen wird, für Disziplin und Inhalt der Lehrstunde gemäß Lehre abhängig vom Stil und den
Vorgaben. Unter dieser Prämisse gelten für mich als „Vorturner“ folgende Parameter:
1.     Ich bin verantwortlich, dass ich als durchaus fehlbarer Vertreter der jeweiligen Kampfkunst sicherstelle, dass Training und Lehre 
Fortschritte machen; das bezieht mich ebenso ein. Bedeutet: Ich als Vorturner trainiere härter und öfter als alle anderen
2.     Ich bin verantwortlich für den Fortschritt der Schüler, muss sie individuell beobachten und weiterbringen, insbesondere auf 
Prüfungen
3.     Ich muss sicherstellen, dass eine positive Lern-Atmosphäre herrscht. Sicherlich kann man nicht gewährleisten, dass jeder nach dem 
Training grundsätzlich zufrieden nach Hause geht. Es wird immer wieder Tage geben, wo man an sich selbst zweifelt oder einfach
schlecht drauf ist. Aber unterm Strich sollten die Schüler an sich glauben und das Gefühl in sich tragen, dass sie sich entwickeln
4.     Ich bin verantwortlich, dass die Interaktion sowohl zwischenmenschlicher als auch formeller Beziehung unter den Schülern klappt. 
Zwist, Streit, Mobbing obliegt mir, zu unterbinden
5.     Der Ruf des Dōjō hängt wesentlich davon ab, wie es in der Außenwelt ankommt. Das hat nicht nur etwas mit mir und meinem 
Erscheinen zu tun, sondern auch, wie die Schüler sich benehmen. Dass diese Art und Weise, das Dōjō in der Öffentlichkeit, auf
Seminaren oder Wettkämpfen zu vertreten, den Schülern verinnerlicht wird, obliegt mir.
6.     Ich trage auch die Verantwortung, dass die jeweiligen Trainingseinheiten die Schüler nicht überfordern. Weder körperlich noch 
geistig oder emotional. Das Training sollte balanciert und ausgewogen für jeden sein
7.     Ich bin verantwortlich für die korrekte Verfahrensweise des Dōjō, was Verwaltung, Finanzen und Gesetze angeht.
8.     Last but not least spiegelt sich das Verhalten der Schüler an mir. Ich bin verantwortlich und sollte mir immer bewusst sein, welche 
Rolle ich spiele. Ich bin zwar kein Vorbild, sollte mich aber vorbildlich verhalten. Wenn ich dem nicht folge, ist es für Schüler einfach,
sich ebenso danebenzubenehmen, eben weil sie ja ein faktisches Beispiel haben.
All dies sind Überlegungen eines „Vorturners“, der sich seiner Verantwortung bewusst ist. Und das ist längst noch nicht alles. Als unser 
Karate Sensei uns 1978 verließ (er war Schwede und hatte Heimweh), überließ er meinem Freund und mir (beide Blaugurte) eine Karate-
Schule mit 40 Schülern. Waren wir Sensei? Niemals! Wir haben lediglich die Aufgabe übernommen, die anderen Schüler quasi anzuleiten,
weiter zu trainieren. Jedoch gab und gibt es Schulen, die auf Ikkyu oder Shodan-Niveau gegründet oder übernommen werden. Daran ist
beileibe nichts auszusetzen, jedoch… wenn man diesen Personen die oben angeführte Liste der Verantwort- lichkeiten vorgesetzt hätte
(insbesondere meinem damaligen Freund und mir): Viele würden es sein lassen und das wäre sehr schade.
Heutzutage ist es nicht besonders schwierig, gewisse Distanzen zu überbrücken. Wenn jemand seine Dōjō-Tätigkeit ernst nimmt, wird 
er / sie innerhalb der eigenen Grenzen immer bemüht sein, zunächst sich selbst zu entwickeln. Das war die leidige Erfahrung meines
damaligen Freundes und mir, dass, wenn man selbst nicht weiterkommt, kann man auch die Schüler nur bis zu einem gewissen Punkt
bringen und dann beginnt die Stagnation. Die fleißigen Dōjōleiter reisen, wohin sie können. Sie kehren heim, setzen das Gelernte um, geben
es an die Schüler weiter und sorgen so dafür, dass sowohl das Dōjō als auch die Schüler immer auf den nächsten Level gehoben werden. So
werden Sensei geschaffen. Diese Menschen stehen und brennen für ihre Kampfkunst und das merkt man nach außen. So werden neue
Schüler angezogen und alles entwickelt sich. Ganz selbstverständlich entwickelt sich ein eigener Umgang mit Budō und eine eigene Kultur
des Zusammenseins. Die meisten dieser „entwickelten“ Sensei haben diesen Weg beschritten und sind ganz unbemerkt zu dem geworden,
was andere als „Sensei“ bezeichnen. Und somit Beispiele der nachfolgenden Generationen von Sensei. Das ist eine einzigartige Version des
kulturellen Austausches.
Eigentlich ist es ein Deal. Du kommst und trainierst hier, vertraust darauf, dass ich dir keinen Blödsinn beibringe, und ich lasse dich hier 
trainieren und versuche mein Bestes, dir alles beizubringen. Das ist eine idealisierte Form der Sensei-deshi-Beziehung. Natürlich gibt es
immer irgendwelche Rückschläge. Wenn du versuchst, einem Schüler dies und jenes zu erklären, er oder sie aber dann sagt: Nee, ich
mache das aber jetzt erstmal anders…. Was dann? Damit umzugehen ist eine Kunst. Ich habe bemerkt, dass Furuichi Sensei jemandem
etwas genau 3-mal erklärt. Dann dreht er sich um und geht. Das ist sowohl gut als auch irgendwie nicht. Wenn ich nach der dritten
Erklärung die Übung nicht auf die Reihe bekomme, gibt er mir den Raum, selbst zu üben: Gut. Denkt er, ich bis zu dusselig: Auch gut.
Das nächste Mal muss ich ihn aber dann fragen. Nun ist ein Vorturner aber auch verantwortlich wer im Dōjō Einlass bekommt und wer
nicht. Wenn ich in einem privaten Dōjō jemanden bekomme, der erwiesenermaßen als Schläger stadtbekannt ist, kann ich ihm den Zugang
(und muss es sogar) verweigern. Wenn ich an Universitäten oder Schulen unterrichte, kann ich mir diesen Luxus nicht aussuchen, dann
muss ich damit umgehen. Wenn die Selektion dann in Richtung junge, attraktive Frauen oder junge stramme Kerle geht, stimmt an der
Richtung etwas grundsätzlich nicht. Wie Peter Parker (Spiderman) sagte: Mit großer Macht kommt große Verantwortung. Man kann das
auch abwandeln und für die Kampfkunst verständlich machen, indem man es abwandelt in:

Mit wachsender Erfahrung wächst auch die Verantwortung.
Nun gab es in den alten, traditionelleren Kampfkunstschulen in Japan tatsächlich Meister mit großer Macht. Sagten sie: Mach dieses oder 
jenes, wurde das befolgt. Unabhängig von der Sinnhaftigkeit, voller Vertrauen in den Meister, dass er ihnen keinen Mist erzählt. Manchmal
sind Pfade eben verschlungen… Gottes Wege sind unergründlich! Es ist eine besondere Situation, denn die Sinnhaftigkeit der „komischen“
Übung kommt vielleicht erst viel später zutage. Wenn nicht… war es Mist! ABER: Wir leben nicht im feudalen Japan, nicht im Mittelalter
und sind auch nicht in einer Abhängigkeit. Jeder von uns ist freiwillig in einer Dōjō-Gemeinschaft und kann frei entscheiden, wieviel der
Tradition er oder sie zulassen möchte! Für manche Menschen ist Kampfsport / Kunst ein Hobby. Nicht mehr, nicht weniger. Sie sehen im
Vorturner einen Coach, einen Trainer, einen Übungsleiter. Andere sehen sowohl die Kampfkunst und den oder die „Sensei“ als viel mehr
an. Das bleibt glücklicherweise jedem selbst überlassen und ein guter Sensei wird wohl nie eine Art Halbgott-Status einfordern.
Subsummiert könnte man es auf den geringsten Nenner bringen, indem man sagt: Ich lehre, du lernst, ich sage, du machst. Aber ist das
wirklich so einfach?
Ich habe so manches Mal mitbekommen, wie Schüler ihren Sensei mit einer Art Heiligenverehrung anhimmeln. Als Skeptiker und 
wissenschaftlich orientierter Mensch sehe ich Mystik in der Schüler-Lehrer-Beziehung eher… skeptisch. Kein Sensei sollte sich so verhalten,
sondern meiner Meinung nach viel eher als… Leiter, Guide, Führer (Nicht DER Führer!!!) zu einem Weg, den der Schüler selbst beschreiten
und erfahren sollte.
ZITAT Andy Watson: Der beste Lehrer ist derjenige, der seinen Schülern rät: „Gehen Sie selbst hin und erleben Sie diese Offenbarung, ent- 
decken Sie die Welt als das, was sie ist, und nicht als das, was Ihnen jemand sagt, seien Sie rücksichtsvoll, seien Sie vorsichtig.“ ZITAT ENDE.
 Sensei aus Schüler-Sicht bedeutet also: Ich respektiere dich, aber du hast die Verantwortung. Wenn ich dich Sensei nenne, dann deshalb, 
weil du bewiesen hast, dass mein Respekt angebracht ist. Ich vertraue dir und hoffe, dass du mir vertraust. Ich vertraue dir die Entwicklung
meines Bud
ō an, wenngleich ich es bin, der den Weg gehen muss. Ich für meinen Teil werde dir helfen, deine Arbeit bestmöglich zu
erledigen, dich zu unterstützen und das D
ōjō in gutem Licht erscheinen zu lassen. Wenn einer von uns beiden Grenzen überschreitet,
ziehen wir uns vorsichtig zurück und gehen fortan eigene Wege… ohne großes Tamtam. Denn man sieht sich immer wieder.
ZITAT:
Mein Respekt ist an Bedingungen geknüpft, ebenso wie deine Lehre.
ZITAT ENDE